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Medien & Internet

Der Europarat empfiehlt … eine kohärente Informations- und Aufklärungsstrategie zur Förderung der Fähigkeiten von Kindern und Pädagogen und Pädagoginnen, Informations- und Kommunikationsdienste und -technologien auf die bestmögliche Weise zu nutzen …
Europarat, Empfehlung REC(2006)12 des Ministerkomitees 1

Einführung

Einführung

In unseren Gesellschaften sind die Medien so wichtig geworden, dass sie manchmal als „die vierte Gewalt“ bezeichnet werden, analog zu den herkömmlichen drei Gewalten in einer Demokratie: Legislative, Exekutive und Judikative. Weblogs werden manchmal als die fünfte Gewalt bezeichnet, weil sie zunehmend mit herkömmlichen Medien konkurrieren, was das Aufbringen von Themen und ihre Kontrollfunktion betrifft. Einerseits kann diese gestärkte Medienmacht Partizipation und Zugang zu Informationen fördern, doch andererseits birgt sie auch Gefahren, insbesondere für Kinder. Durch ihr technisches Know-how, mit dem sich Kinder Informationen beschaffen, sind sie oft auch den Gefahren des Internets stärker ausgesetzt.

Artikel 19 der AEMR gewährleistet die Freiheit der Meinungsäußerung für alle, einschließlich des Rechts, Informationen und Gedankengut mit allen Mitteln zu empfangen und weiterzugeben. Artikel 13 der KRK weitet dieses Recht auf Kinder aus. Dieses Recht wird in weiteren internationalen Verträgen und den meisten Staatsverfassungen weiterentwickelt. Darin wird außerdem die Pressefreiheit garantiert, wobei der Presse aber auch Grenzen gesetzt werden, um das Recht der Menschen auf eine Privatsphäre und den eigenen Ruf zu schützen. Zwei weitere Artikel der KRK gewährleisten das Recht des Kindes, Informationen zu erhalten und weiterzugeben (Artikel 13) und sich über die Massenmedien sichere, verlässliche und verständliche Informationen zu beschaffen (Artikel 17). Deshalb sind die Medien verpflichtet, bestimmte Informationen in für Kinder geeigneter und verständlicher Weise zu verbreiten.

FRAGE: In welcher Weise sind die Kinder, mit denen Sie arbeiten, durch die Medien beeinflusst? Was ist daran positiv? Was ist daran negativ?

Medien, Informations- und Kommunikationstechnologie spielen im Leben von Kindern heute eine zentrale Rolle. Kinder sitzen täglich stundenlang vor dem Fernsehgerät, aber sie verbringen auch immer mehr Zeit online. Die Fähigkeiten, die sie dafür brauchen, lernen sie schnell von Gleichaltrigen. Kinder nutzen Online-Tools zum Spielen, Chatten, Bloggen, Musikhören, sie stellen Fotos von sich ins Netz und suchen nach Menschen, mit denen sie online kommunizieren können. Weil zwischen der Medienkompetenz von Kindern und Erwachsenen eine echte Diskrepanz herrscht, haben die meisten Erwachsenen wenig Ahnung von dem, was Kinder online tun oder wie sie es tun.

Diese virtuelle Welt kann Kindern Chancen bieten, hält aber auch Fallstricke bereit. Die Nutzung von elektronischen, digitalen und Online-Medien wirkt sich auf die Entwicklung der Kinder in vielfältiger Weise positiv aus: Sie dient der Unterhaltung und Bildung und fördert die Sozialkompetenz. Je nach Art der Nutzung können Kinder und Gemeinschaften aber auch Schaden nehmen. Diese virtuelle Welt kann das Leben von Kindern genauso stark prägen wie das nicht virtuelle Leben, mit demselben Druck, sich anzupassen, cool zu sein und jede Menge Freundinnen und Freunde zu haben.

Mit den negativen Auswirkungen der Massenmedien, insbesondere des Fernsehens, haben sich Eltern und pädagogische Fachkräfte beschäftigt, wie auch zahlreiche Untersuchung

  • Fernsehzeit: Es gibt eindeutige Beweise, dass die Schulleistungen von Kindern, die mehr Zeit vor dem Fernsehgerät verbringen, schlechter sind als die von Kindern, deren Familien sowohl elektronische als auch Printmedien nutzen.2
  • Gewalt: Wie werden Kinder durch gewaltsame Inhalte beeinflusst, sei es im Fernsehen, in Filmen oder Videospielen? Werden sie dadurch aggressiver? Unsensibler? Hat Gewalt kathartische Wirkung? Stellen sich diese Wirkungen bei allen Kindern ein oder nur bei den benachteiligten und nur in bestimmten Umgebungen?
  • Konsumverhalten: Der Werbung in ihren verschiedenen Formen wird die Manipulation von Kindern und durch sie auch der Eltern vorgeworfen, bestimmte Nahrungsmittel (die häufig mit der grassierenden Adipositas in Verbindung gebracht werden), Kleidungsstücke und sogar Putzmitttel für zu Hause oder Autos und Reisen zu kaufen.
  • Klischees: Den Medien wird vorgeworfen, gesellschaftliche Klischees, insbesondere über Gender und ethnische Kennzeichen, zu zementieren.

Aufgrund dieser Bedenken verbieten manche Länder Werbung im Kinderfernsehen. Einige haben eine „Sperrstunde“ eingeführt: Vor diesem Zeitpunkt dürfen keine Bilder mit Pornographie und Gewalt gezeigt werden. In einigen Ländern können Eltern Filter kaufen, um zu verhindern, dass Kinder bestimmte Programme sehen können. Doch bei der neuen Technologie mit Mobilfunk, zahlreichen Fernsehkanälen und dem Internet bleiben die meisten dieser Maßnahmen wirkungslos.

Medien, die stärker auf Interaktion setzen, wie Internet und Mobilfunk, schaffen zusätzliche Gefahren für Kinder: Kinder können persönliche Daten einstellen, die unter Umständen gegen ihren Willen für Werbung verwendet werden und Online-Tätern Angriffsflächen bieten. Kinder nutzen manchmal das unbeaufsichtigte Online-Umfeld, um grausame Nachrichten über andere Kinder und herabsetzende Fotos von ihnen zu verschicken. „Cybermobbing“ ist einfach und besonders schlimm, weil Online-Misshandlungen dieser Art überwiegend anonym sind.

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Informationsrecht vs. Recht auf Schutz

Informationsrecht vs. Recht auf Schutz

Die Medien werfen Menschenrechtsprobleme auf, die den Kinderschutz und das Informationsrecht von Kindern betreffen. Zum Beispiel:

  • Ungleicher Zugang. Der ungleiche Zugang zum Internet wird wahrscheinlich die ungleichen Chancen von Kindern unterschiedlicher sozialer Herkunft verstärken. Wie lässt sich diese „digitale Spaltung“ bekämpfen und überwinden?
  • Unerwünschte Inhalte und Kontakte. Neuere Untersuchungen zeigen, dass über die Hälfte der jungen Menschen zwischen neun und neunzehn Jahren, die online gehen, mindestens einmal wöchentlich und meist unbeabsichtigt Pornographie zu sehen bekommen. Einige finden es „eklig“ oder „langweilig“, ebenso wie andere ungewollte Inhalte, etwa Abbildungen von Gewalt oder eine Website, die sich gegen eine bestimmte Gruppe richtet. Wie sollen wir damit umgehen? Inwieweit würde die Zensur des Zugangs von Kindern zu den Medien ihr Recht auf Information beschneiden? Oder das Recht anderer auf freie Meinungsäußerung?
  • Neue Internet- und Medienkompetenz. Kinder finden im Allgemeinen, dass sie von der Nutzung des Internets mehr Ahnung haben als ihre Eltern – auch Erwachsene sehen das so –, und gewinnen dadurch an Selbstwertgefühl und sozialem Status innerhalb der Familie. Dennoch fehlen den meisten Kindern die Erfahrung und das Urteilsvermögen zur richtigen Bewertung von Online-Inhalten oder -Quellen, für die Suche nach und den Umgang mit Informationen und deren Nutzung für die Kommunikation. Wie könnten sich Bildungsinitiativen auf die unterschiedliche Medienkompetenz von Kindern und Erwachsenen einstellen? 3

FRAGE: Wie haben Sie die Nutzung des Internets und der Medien aufbereitet, um Kindern den bestmöglichen Zugang zu Informationen und Bildung zu verschaffen? Wie schützen Sie diese Kinder vor ungeeignetem Material und vor Ausbeutung über das Internet?

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Medienpädagogik

Medienpädagogik

Eine Antwort auf diese Probleme ist Bildung, damit Kinder bei ihrem Medienkonsum und ihrer Kommunikation kritischer und anspruchsvoller werden. Durch Medienbildung sollen alle Kinder – und wenn möglich die ganze Bevölkerung – für die Bedeutung und die Macht der Medien sensibilisiert werden. Zur Medienbildung gehört die Sensibilisierung von Kindern gegenüber dem, was sie sehen, und für dessen mögliche Wirkungen. Man könnte Kinder zum Beispiel bitten, die Gewalttaten zu zählen, die sie in einer bestimmten Zeitspanne zu sehen bekommen, die Überredungsstrategien der Werbung zu analysieren oder über die unterschiedliche Art und Weise nachzudenken, in der Informationen präsentiert werden, damit sie verstehen, wie unterschiedliche Auffassungen von Wirklichkeit zustande kommen können. In den letzten 50 Jahren gab es in der Medienbildung drei wichtige Trends:

  • Den „Impfansatz“, der darauf abzielt, Kinder gegen die Wirkung der Medien zu immunisieren
  • Den Ansatz des kritischen Denkens, der darauf abzielt, das kritische Urteil von Kindern gegenüber den negativen Inhalten von Medien weiterzuentwickeln
  • Den Dekodierungsansatz, der die Medien als für das Verständnis der heutigen Welt unverzichtbar betrachtet und versucht, Kindern den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kontext der Medienproduktion und des Medienkonsums sowie die Techniken der Nachrichtencodierung zu vermitteln.4

In der Abfolge dieser Ansätze lässt sich ein Wandel in der Wahrnehmung des Kindes als Medienkonsument ausmachen, ausgehend vom Kind als gefährdeter Zielperson hin zum Kind als mündigem Bürger. Mit der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, insbesondere des Internets, haben sich auch Nutzen und Gefahren des leichten Zugangs zu diesen Medien entwickelt. Das Internet ist ein fantastisches Mittel für den Zugang zu allen Arten von Information und der Fernkommunikation. Doch es gibt keine Garantie, dass die zur Verfügung gestellte Information stimmt oder dass die Kommunikation nicht in böser Absicht stattfindet. Also muss die Medienbildung Schritt halten und die Kritikfähigkeit der Kinder und ihre Kenntnisse über das machtvolle Werkzeug erweitern.

Medienpädagogik soll Kindern auch vermitteln, wie sie ihre Gedanken besser kommunizieren können. Dazu muss sie Möglichkeiten bieten, unterschiedliche Medien zu nutzen und kennenzulernen, unter anderem Desktop Publishing, Radio- und TV-Programmierung, Websites und Blogs. Doch Medienbildung ist auch für Erwachsene wichtig, die mit Kindern arbeiten. Eltern, Lehrende und andere Pädagoginnen und Pädagogen sollten Zeit und Energie investieren, um zu erfahren und zu beobachten, wie ihre Kinder miteinander kommunizieren und leben.

Der Europarat hat zur Medienbildung folgende Empfehlung abgegeben:

Im Bewusstsein des Risikos, durch Inhalte und Verhalten im neuen Informations- und Kommunikationsumfeld Schaden zu nehmen, einem Umfeld, das vielleicht nicht immer illegal ist, das jedoch dem körperlichen, emotionalen und psychischen Wohl von Kindern schaden kann, wie zum Beispiel Online-Pornografie, die Darstellung und Verherrlichung von Gewalt und Selbstverletzung, erniedrigende, diskriminierende oder rassistische Ausdrucksformen oder die Inschutznahme solchen Verhaltens, Anwerbung (Anmache), Mobbing, Stalking und andere Formen der Belästigung… empfiehlt [der Europarat] den Mitgliedsstaaten die Entwicklung .. einer kohärenten Informations- und Aufklärungsstrategie zur Förderung der Fähigkeiten von Kindern und Pädagogen, Informations- und Kommunikationsdienste und -technologien auf die bestmögliche Weise zu nutzen …5

Die Abteilung Medien des Europarats untersucht in einem Projekt, wie Kinder, ihre Eltern, Pädagoginnen  und Pädagogen das Wissen und die Fertigkeiten erwerben können, die für die „Informationsgesellschaft“ erforderlich sind. „The Internet Literacy Handbook: A guide for parents, teachers and young people“, eine Veröffentlichung der Abteilung Medien, bietet einschlägige Hintergrundinformationen und Informationsblätter zu diesem komplexen Netz aus Information und Kommunikation.6

Relevante Menschenrechtsinstrumente

Europarat

Die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert jedem Menschen das Recht, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe zu empfangen und weiterzugeben (Artikel 10). Dieses Recht bezieht sich nicht nur auf Erwachsene, sondern auch auf Kinder, mit der Einschränkung, dass Kinder ein Recht auf Schutz vor Ausbeutung und ungeeigneten Medien mit gewalttätigen und pornografischen Inhalten haben. In der EMRK wird dies anerkannt, indem der „Schutz der Gesundheit und der Moral“ in die Pflichten und Verantwortlichkeiten aufgenommen wurde, die mit diesem Recht einhergehen. Es wird jedoch nicht ausgeführt, wie und von wem bestimmt wird, was „ungeeignet“ ist.

Artikel 9 des Übereinkommens über Computerkriminalität bezieht sich auf Verbrechen der Kinderpornografie. Darin ist festgelegt, dass die Vertragsparteien „die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen“ treffen, um die verschiedenen aufgeführten Nutzungen von Computern, die Kinderpornografie beinhalten, unter Strafe zu stellen.

Vereinte Nationen

Das Grundrecht auf Informationsfreiheit ist in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt:

Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.

1948, als die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verfasst wurde, hat natürlich noch niemand an das Internet als Medienkanal gedacht. Selbst 1989, als die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Kinderrechtskonvention verabschiedete, war es noch unvorstellbar, dass das Internet von einer breiten Bevölkerung genutzt werden könnte, von Kindern ganz zu schweigen. Interessanterweise jedoch behandelt die Kinderrechtskonvention Meinungsfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in drei verschiedenen Artikeln und betont die Bedeutung aller drei Rechte. Artikel 12 garantiert das Recht des Kindes auf eine eigene Meinung und darauf, dass diese Meinung berücksichtigt wird; Artikel 14 garantiert das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Artikel 13 enthält die wichtigste Aussage zum Recht des Kindes auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit:

Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.

Dieser Artikel gewährt dem Kind jedoch keinen uneingeschränkten Zugang zu Informationen. Das Recht wird abgewogen gegen Schutzmaßnahmen, etwa den Schutz vor Ausbeutung (Artikel 19 und 36), insbesondere vor sexueller Ausbeutung (Artikel 19 und 34).

In der Konvention werden auch die sich entwickelnden Fähigkeiten und die zunehmende Reife des Kindes anerkannt, sodass manches, was für Grundschulkinder möglicherweise ungeeignet ist, für Jugendliche vertretbar sein kann. Wie bei vielen Rechten besteht in diesem Bereich oft ein Konflikt zwischen Freiheiten und Schutzrechten, die bedacht und gegeneinander abgewogen werden müssen. In jedem Fall jedoch sollte das Kindeswohl das entscheidende Kriterium sein.

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Nützliche Websites

  • www.mediaculture-online.de; Internetportal mit Informationen rund um Medienbildung, Medienpraxis und Medienkultur für den schulischen und außerschulischen Bereich

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1 Empfehlung Rec (1) 2006 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten für das Fitmachen von Kindern für die neue Informations-und Kommunikationsumgebung: Europarat 2006
2 Douglas A. Gentile und David A. Walsch, ‚A normative study of family media and habits, National Institute on Media and theFamily‘, Applied Developmental Psychology 23 (2002), S. 174
3 Livingstone, Sonia and Bober, Magdalena, UK Children Go Online: Final report of key project fi ndings: Economic and SocialResearch Council 2005
4 Masterman, Len, und Mariet, François, L’education aux Media dans 1’Europe des Annees 90: Europarat 1994
5 Empfehlung Rec (5) 2006 des Ministerkomitees an die Mitgliedsstaaten für das Fitmachen von Kindern für die neue Informations-und Kommunikationsumgebung: Europarat, 2006: http://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?id=1041181&BackColourIntemet=9999CC&BackColourIntranet=FFBB55&BackColourLogged=FFAC75
6 Richardson, Janice (Hg.), The Internet Literacy Handbook: A guide for parents, teachers and young people, 2. Auflage, Strasbourg,Europarat 2006